"John le Carré würde ich am liebsten vierteilen. Er behauptet, unsere Arbeit sei eine Welt des eiskalten Verrats. Das ist sie eben nicht. Sie beruht auf Vertrauen. Du kannst keinen Agenten führen ohne gegenseitiges Vertrauen.“ (Geheimdienstoffizierin Daphne Park über ihren ehemaligen Kollegen, den Schriftsteller John le Carré)
Geschüttelte oder gerührte Martinis, 007 und die Lizenz zum Töten, Schlapphüte und Sonnenbrillen – viele Klischees über Agenten finden sich in Romanen und Filmen. Jenseits davon bleibt meist im Dunkeln, wie die, die im Auftrag eigener oder fremder Länder spionieren, tatsächlich vorgehen. Das gilt vor allem für Frauen, die in diesem Metier arbeiten: Die Spionagetätigkeit ist meist männlich konnotiert. Frauen werden gerne gezeichnet als „Honigfalle“ oder als naive Zuträgerin und Kaffee kochende Chefsekretärin oder wie Mata Hari, Josephine Baker oder Virginia Hall – Spioninnen gelten oft als schön, intelligent und gefährlich, ihr Doppelleben als geheimnisvoll. Aber wie legendär war das Leben echter Spioninnen? Was trieb sie an? Liebe, Macht, Überzeugung? Und vor allem: Wie werden sie gezeichnet in der Romanliteratur?
In unserem Seminar werden wir uns vor dem realen Hintergrund der Stadt Wien
unter dem Viermächtestatus im Jahre 1949 anhand eines Romans mit der Rolle der Spioninnen befassen und in Ausschnitten ihre Darstellung im klassischen Spionageroman untersuchen. Dabei beleuchten wir auch den Unterschied zwischen Hochstapelei und Agententätigkeit, da beide auf dem Prinzip der Täuschung, der Vorspiegelung falscher Tatsachen und des Identitätswechsels beruhen.